Private Hauseigentümer müssen normalerweise keine Spekulationssteuer fürchten.
Außer: man trennt sich, zieht aus und verkauft dann erst später.
Typischer Fall:
Mann und Frau kaufen 2011 ein Haus je zu 1/2.
2018 zieht der Mann aus.
Frau und Kinder bleiben wohnen.
2019 beginnen Verhandlungen über die Auseinandersetzung des Miteigentums.
Das Haus ist von 2011 bis 2019 deutlich mehr wert geworden, weil die Immobiliennachfrage gestiegen ist.
Verkauft der Mann jetzt (an Fremde oder seine Hälfte an die Frau), zahlt er Spekulationssteuer.
Das Problem:
Die Befreiung von der "Spekulationssteuer" für Privatleute gilt nur, wenn das Haus im Jahr des Verkaufes und in den beiden vorangegangenen Jahren "selbstgenutzt" war.
Das ist in § 23 Abs.1 Ziff.1 am Ende EStG geregelt und wird "Haltefrist" genannt.
Durch den Auszug 2018 liegt 2019 keine Selbstnutzung mehr vor.
Die Lösung:
Wenn der Verkauf nicht sofort, im Jahr des Auszuges, gelingt (im Beispielsfall also 2018), sollte mit dem Verkauf unbedingt bis zum Ablauf der 10-Jahres-Frist (im Beispielsfall also 2021) gewartet werden!
Dasselbe Problem stellt sich auch, wenn z.B. die Eigentumswohnung allein dem Mann gehört, aber er zum Zweck der Trennung auszieht.
Die 10-Jahresfrist wird taggenau gerechnet von Notarvertrag (Anschaffung) zu Notarvertrag (Veräußerung) - und zwar auch, wenn dieser obligatorische schuldrechtliche Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung steht (BFH, Urteil v. 10.2.2015, IX R 23/13).
Für die Berechnung des zu versteuernden Veräußerungsergebnisses gilt folgendes Schema (§ 23 Abs. 3 Satz 1 EStG):
Veräußerungserlös abzüglich Nebenkosten
./.
Anschaffungskosten inkl. Nebenkosten
+
ggf. beanspruchte Abschreibungen
./.
Werbungskosten
=
Veräußerungsgewinn/-verlust
Kleiner Trost: Für Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften gibt es zwar keinen steuerlichen Freibetrag, dafür aber wenigstens eine Freigrenze in Höhe von 600,00 € (§ 23 Abs. 3 Satz 5 EStG)
Als Anschaffung gilt auch die Übertragung einer Immobilie zum Ausgleich des Zugewinns im Rahmen einer Scheidung (Verfügung der OFD Frankfurt vom 5.2.2001, FR 2001 S. 322).
Auch Übergabevorgänge bei vorweggenommener Erbfolge und Erbauseinandersetzung können betroffen sein. Wurden Zahlungen geleistet (z.B. Gleichstellungsgelder an Geschwister), hat der Zahlende Anschaffungskosten und der Zahlungsempfänger entgeltlich veräußert (BMF-Schreiben vom 5.10.2000, BStBl. 2000 I S. 1383Tz. 11).
Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung einem Kind, für das er Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG hat, unentgeltlich zu Wohnzwecken überlässt (BMF, Schreiben v. 5.10.2000)
Ein Gebäude dient der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG, wenn es vom Steuerpflichtigen selbst tatsächlich und auf Dauer bewohnt wird.
Bei gemeinsamer Nutzung mit Familienangehörigen bzw. bei teilweiser unentgeltlicher Überlassung an fremde Personen liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nur vor, solange die eigene
Haushaltsführung möglich bleibt.
FG Hessen 30.9.15, 1 K 1654/14
Der Fall:
Der Mann war ausgezogen, seine Ex-Lebensgefährtin und das gemeinsame Kind blieben wohnen.
Sein Verkaufserlös sollte besteuert werden.
Dagegen machte der Steuerpflichtige geltend, eine unentgeltliche Überlassung der Wohnung zu Wohnzwecken an sein minderjähriges Kind, für das er einen Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag hat, sei eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken.
Das FG: Was unter Nutzung zu eigenen Wohnzwecken zu verstehen ist, ist in § 23 EStG nicht näher bestimmt.
Der Begriff sei so zu verstehen wie in§ 10e EStG und §4 Satz 1 des Eigenheimzulagegesetzes. Danach dient ein Wirtschaftsgut eigenen Wohnzwecken, wenn es vom Steuerpflichtigen selbst tatsächlich und
auf Dauer angelegt bewohnt wird.
Dies gilt auch für die Überlassung der Wohnung an ein im Sinne des § 32 EStG zu berücksichtigendes Kind zur alleinigen Nutzung. Dies beruht auf der Obliegenheit, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen, sofern dies aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Verpflichtung geschieht, was regelmäßig bei der auswärtigen Unterbringung eines Kindes am Studienort der Fall ist.
Soweit also gut.
Aber das Kind wohnte natürlich nicht allein, sondern mit seiner Mutter.
Dazu das FG:
Demgegenüber ist die Überlassung an andere – auch unterhaltsberechtigte – Angehörige sowie an sonstige Personen nicht
begünstigt. Dies gilt z. B. für Kinder, für die kein Anspruch auf den Kinderfreibetrag besteht - oder für Ehefrauen oder Ex-Lebensgefährtinnen.
In Bezug auf andere Angehörige ist auch die besondere Regelung des § 4 S. 2 EigZulG nicht übertragbar, wonach eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch dann
vorliegt, soweit eine Wohnung unentgeltlich an einen Angehörigen im Sinne von § 15 AO zu Wohnzwecken überlassen wird.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze erfüllte die Überlassung der Wohnung des Steuerpflichtigen nach dessen Auszug an seine ehemalige Lebensgefährtin nicht
die Voraussetzungen, die zu einer Begünstigung führen.
Denn aus der Sicht des überlassenden Steuerpflichtigen wurde die Wohnung dadurch gerade nicht mehr zu eigenen, sondern zu fremden Wohnzwecken genutzt, da der gemeinsame Haushalt mit dem Kind und der
Lebensgefährtin aufgelöst wurde.
Auch die Überlassung der Wohnung an die minderjährige Tochter, welche unterhaltsberechtigt gegenüber dem Steuerpflichtigen war und für die ihm Kindergeld zustand, löste die Begünstigung des § 23 EStG
nicht aus.
Die Überlassung erfolgte zwar unentgeltlich, weil sie ungeachtet des vom Steuerpflichtigen zu zahlenden Unterhalts erfolgte und nicht zur Abgeltung des Unterhalts. Die Wohnung wurde der Tochter
jedoch nicht zur alleinigen Nutzung überlassen, sondern sie bewohnte sie gemeinsam mit ihrer Mutter. Diese gehört aber nicht zum begünstigten Personenkreis.
Home:
Aktualisiert am 22.10.2019
|
|
|