In manchen Fällen wird der Scheidungsantrag gestellt, wenn die Eheleute noch kein ganzes Jahr lang getrennte Wohnanschriften haben. Dann wird vorgetragen, man habe innerhalb der gemeinsamen Wohnung schon getrennt gelebt. Dass die Richter das nicht einfach "abnicken", zeigt eine Entscheidung des OLG München. Lassen Sie sich also unbedingt rechtzeitig beraten, wenn das Trennungsjahr im selben Haus verbracht werden soll!
Auszüge aus der Begründung des OLG München am 4.7.2001, die Ehe mangels Ablauf des Trennungsjahres nicht zu scheiden:
Entgegen den Ausführungen des Familiengerichts München ist die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft und damit die Zerrüttung der Ehe der Parteien keinesfalls
offenkundig.
Nach § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt das Getrenntleben der Ehegatten in objektiver Hinsicht voraus, daß zwischen ihnen keine
häusliche Gemeinschaft mehr besteht. Gerade beim Getrenntleben in der ehelichen Wohnung darf kein gemeinsamer Haushalt mehr geführt werden und es dürfen
keine wesentlichen persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten mehr bestehen. Auf die Beweggründe, die die Parteien im Einzelfall dazu bestimmt haben, die
gemeinschaftliche Haushaltsführung in wesentlichen Teilen aufrecht zu erhalten, kommt es nicht entscheidend an.
Nach dem gemeinsamen Vortrag der Parteien wurden noch bis Mitte des Jahres 2000 gemeinsame Mahlzeiten eingenommen. Nach seinem eigenen Vortrag hat der
Antragsteller auch die Geldmittel für die Haushaltsführung zur Verfügung gestellt, weshalb von einem Bestehen der häuslichen Gemeinschaft auszugehen ist. Auch
wenn der Antragsteller den ehelichen Willen und die eheliche Empfindung nicht mehr aufrecht zu erhalten vermag und eine deutliche Entfremdung der Ehegatten
festzustellen war, muß diese Entfremdung sich jedoch äußerlich durch eine entsprechende Trennungsdauer manifestieren.
Nach der überwiegenden Rechtsprechung bleibt es dabei, daß die Unterhaltung eines gemeinsamen Haushalts das Getrenntleben grundsätzlich ausschließt, mögen die ehelichen
Gefühle auch noch so erloschen sein.
Außer den der Versorgung und Hygiene dienenden Räume darf im übrigen auch kein Zimmer der Wohnung gemeinsam genutzt werden. Dies scheint wegen der Schwierigkeiten
der Absprache über die Benutzung hin und wieder in der Praxis schwer zu fallen; die tatsächlichen Probleme dürfen jedoch nicht dazu führen, den Getrenntlebensbegriff aufzuweichen und Rechtsunklarheit zu schaffen.
Nach dem Ergebnis der Parteianhörungen und dem Akteninhalt ist der Senat deshalb zu der Überzeugung gelangt, daß objektiv gesehen kein Getrenntleben von über einem Jahr
vorliegt.
Sinn und Funktion des § 1567 Abs. 1 BGB ist es, daß Ehegatten, die mit dem Getrenntleben die Scheidung einleiten wollen, damit das Ziel einer vollständigen Trennung
ihrer beiderseitigen Lebensbereiche anstreben, selbst wenn sie wirtschaftlich bedrängt sind.
Außerdem entspricht es dem Zweck des durch § 1565 Abs. 2 BGB grundsätzlich geforderten Trennungsjahres, wenn sich die Ehegatten möglichst frühzeitig über die Realitäten
einer vollständigen Trennung nebst ihren Langzeitwirkungen klar werden und prüfen, ob sie sie aushalten. Es besteht daher kein überzeugender Grund, ihnen die wirtschaftlichen und sonstigen Unannehmlichkeiten, die ihnen nach der Scheidung nicht erspart bleiben, vor der Scheidung auf dem Felde der gesetzlichen Anforderungen an das
Getrenntleben und damit an die Scheidungsvoraussetzungen nicht zuzumuten.
Dies hat auch nichts mit den Gemeinsamkeiten zu tun, die die Parteien unter Umständen mit Rücksicht auf den minderjährigen Sohn aufrecht erhalten haben.
12 UF 820/01
Das OLG Zweibrücken hat am 07.11.2008 (2 UF 102/08) klargestellt, dass sich das Getrenntleben nicht durch fehlenden ehelichen Sex definiert:
"Soweit das Familiengericht in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass die Parteien schon seit 9 Jahren keinen Geschlechtsverkehr mehr miteinander hatten, sieht dies der Senat nicht als entscheidendes Indiz für das Scheitern der Ehe an. Es gibt mannigfaltige Gründe, weshalb Ehepaare nach längerer Zeit des Zusammenlebens – mehr oder minder einvernehmlich – davon absehen, geschlechtlich miteinander zu verkehren; eine harmonische Lebensgemeinschaft mit gegenseitiger Verantwortung füreinander bedarf nicht unbedingt eines aktiven Sexuallebens."
OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 7.12.2012, 4 UF 182/12
Im Fall des OLG Köln hatte das AG Bonn den Scheidungsantrag des Mannes abgewiesen, weil die Eheleute immer noch gemeinsam in der Ehewohnung lebten, die Frau die Wäsche der Familie wusch und für die Familie einkaufte und man sich sogar das Ehebett noch teilte, wenn auch nur "nebeneinander liegend".
Das OLG teilte die Rechtsauffassung des Familiengerichts und riet dem Ehemann per Hinweisbeschluss, die Beschwerde zurückzunehmen.
Der Begriff des "Getrenntlebens" gründet auf drei Elementen, die zusammentreffen müssen:
1. objektiv die häusliche Trennung,
2. subjektiv der Wille zumindest eines Ehegatten, die häusliche Gemeinschaft nicht wieder herzustellen,
3. dessen Motiv: „Ablehnung der ehelichen Lebensgemeinschaft“.
Die gemeinsame Benutzung des Schlafzimmers in der Ehewohnung spricht auch dann gegen eine vollzogene häusliche Trennung, wenn die Ehegatten nicht mehr geschlechtlich miteinander verkehrten (vgl.: OLG Hamm, Beschluss vom 02.03.1998 - 5 WF 85/98 –; OLG Koblenz, Urteil vom 30.03.2004 - 11 UF 567/01, vgl. auch OLG Zweibrücken, Urteil vom 07.11.2008 - 2 UF 102/08 zur Relevanz von Geschlechtsverkehr für die Trennung).
Praktische Schwierigkeiten, stattdessen das Wohnzimmer zum Schlafen zu nutzen, sah das OLG Köln auch unter Berücksichtigung der Kindesinteressen nicht.
Auf Nr. 3, das Motiv, kam es daher gar nicht mehr
an.
Das KG Berlin hat am 30.4.2012 – 17 WF 108/12 – das Vorliegen einer Trennung verneint, so lange die Gatten noch eine Bedarfsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 SGB II bilden.
Ebenfalls vom KG Berlin stammt die Auswertung von SMS-Kontakten der Eheleute, die sehr freundlich miteinander umgingen. Hinzu kam noch, dass sie mit den vier Kindern gemeinsam Weihnachten feierten, dass es die Überweisung auf ein gemeinsames Konto nicht "Unterhalt" sondern "Haushaltsgeld" hieß, und dass die Mutter das Kindergeld nicht auf sich übergeleitet hatte. Alles zusammengenommen fehlte es dem KG an der Ernstlichkeit des Trennungswillens (der subjektiven Seite), obwohl die Eheleute getrennte Wohnungen bezogen hatten und jeder einen neuen Partner hatte. Beschluss vom 13.12.2018 (13 UF 155/17)
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Aktualisiert zuletzt am
28.1.2019
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