Der Ehemann ist Rentner und bekommt u.a. Versorgung aus einer Pensionskasse und einer rückgedeckten Unterstützungskasse. Da das Rentnerprivileg 2009 durch Gesetzesänderung abgeschafft worden ist, wird seine Rente ab Rechtskraft des Versorgungsausgleichs gekürzt. Rechnerisches Problem: Auf welcher Grundlage geschieht dies, wenn durch die Rentenzahlungen nach dem Ehezeitende bis zur Rechtskraft der Entscheidung ein „Kapitalverzehr“ eingesetzt hat? Der Zeitraum kann ja durchaus viele Monate, um nicht zu sagen auch Jahre, lang sein (es geht um die Zeit von Einreichung des Scheidungsantrages bis zur Rechtskraft des Versorgungsausgleiches in letzter Instanz).
Das Familiengericht und das OLG haben die betrieblichen Altersversorgungen des Ehemannes jeweils intern durch die Übertragung monatlicher Anrechte geteilt. Die entsprechenden Ausgleichswerte beruhen auf Auskünften, die erhöhend die nachehezeitliche vertragliche Verzinsung von 4 % und die nachehezeitliche Überschussbeteiligung sowie mindernd die zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung bereits erbrachten Renten berücksichtigen.
Der BGH bestätigt dies dahingehend, dass die Überschussanteile, bestehend aus Schlussüberschüssen und Bewertungsreserven, in den Wertausgleich einzubeziehen sind. Denn soweit das Anrecht auf Teilhabe an den Überschussanteilen während der Ehezeit erworben wurde, gebührt es nach dem Halbteilungsgrundsatz beiden Ehegatten gemeinsam. Ob die erst nach dem Ende der Ehezeit mit dem Eintritt in die Leistungsphase ausgewiesene Überschussbeteiligung ebenfalls zu berücksichtigen ist, lässt der BGH dahinstehen.
Im Gegenzug ist der laufende nachehezeitliche Rentenbezug aus dem Anrecht bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs zu berücksichtigen, wenn damit – wie es bei kapitalgedeckten Versorgungen der Fall ist – ein Barwertverzehr einhergeht.
Anderenfalls käme es zu einer übermäßigen Inanspruchnahme des Versorgungsträgers, weil dieser bereits aus dem noch zu übertragenden Ehezeitanteil laufende Leistungen an den Ausgleichspflichtigen erbringen musste, die sich nach der Durchführung des Versorgungsausgleichs als überproportional zu dem bei ihm nur anteilig verbleibenden Anrecht darstellen würden.
Deswegen ist die zwischen dem Ehezeitende und der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich eingetretene oder noch zu erwartende Barwertminderung des zu teilenden Anrechts i.d.R. im Wege eines gleichmäßigen Abzugs auf beide Ehegatten zu verteilen, indem der Ausgleichswert zeitnah zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich oder vorausschauend auf den Zeitpunkt der mutmaßlichen Rechtskraft ermittelt wird. Kann der Halbteilungsgrundsatz durch den Ausgleich des noch vorhandenen Barwerts nicht vollständig erfüllt werden, können Anrechte des ausgleichsberechtigten Ehegatten gem. § 27 VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgenommen werden.
Der Wertverzehr ist also zu berücksichtigen und möglichst zeitnah zur gerichtlichen Entscheidung durch Rückfrage beim Versorgungsträger zu ermitteln. Auf dieser Grundlage wird (intern/extern) geteilt.
Das kann dem Halbteilungsgrundsatz gerecht werden, wenn sich die vom Ausgleichspflichtigen aus dem noch ungeteilten Anrecht bezogenen Leistungen im Rahmen einer Unterhaltsberechnung ausgewirkt haben. Anderenfalls sind die gesetzlich eröffneten Korrekturmöglichkeiten zu prüfen. Insbesondere kann der Halbteilungsgedanke dann dadurch verwirklicht werden, dass Anrechte des ausgleichsberechtigten Ehegatten, die in umgekehrter Richtung auszugleichen wären, ganz oder teilweise gem. § 27 VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgenommen werden.
Diese mit einem Rentenbezug verbundenen Probleme stellen sich aber nur bei Versorgungen, die kapitalwertbezogen sind – nicht z.B. bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung hat der Rentner also weiterhin wirtschaftliche Vorteile davon, wenn der Scheidungsantrag zwar möglichst früh eingereicht wird, aber sich das Versorgungsausgleichsverfahren lange hinzieht. Bis dahin bekommt er ja die Rente ungekürzt.
Die damit verbundenen Mehrkosten trägt de facto die Versichertengemeinschaft.
BGH, Beschluss vom 17.02.2016 – XII ZB 447/13
Wenn Sie auf meiner Homepage etwas gesucht haben, benötigen Sie vielleicht noch meine Hilfe. Was kann ich für Sie tun?
Informieren Sie sich über unser Erstberatungs-Konzept und die Möglichkeit der Online-Beratung zum Pauschalpreis.
Bei Terminwünschen erreichen Sie das Sekretariat der Kanzlei Montags bis Donnerstags von 9-17 Uhr und Freitags von 9-15 Uhr unter Telefon: +49 241 5152657 sowie unter sekretariat(at)mainz-kwasniok.de.
damit Sie auf meinen Seiten das finden, was Sie brauchen.
Aktualisiert zuletzt am
4.7.2016
|
|
|