In den "Aachener Nachrichten" war am 23.1.2011 zu lesen:
Wenn Ehen zerbrechen, entzweit das nicht nur Mann und Frau - sondern auch die Statistiken. Die registrieren nämlich Zahl um Zahl, dass es zwar zuletzt in Deutschland etwas weniger Scheidungen gab, die Trennungen aber immer früher eingeleitet werden.
Von wegen «verflixtes 7. Jahr» - meist ist schon nach vier Jahren Schluss. Weil aber immer noch eine imposante Zahl von Partnerschaften mehrere Jahrzehnte hält, beträgt die durchschnittliche Zeit bis zur Scheidung 14 Jahre und vier Monate. Dies hat das Statistische Bundesamt ausgerechnet. Bundesweit gingen 2009 - aktuellere Zahlen gibt es nicht - 185.800 Ehen auseinander. Das sind zwar immens viele, aber immerhin drei Prozent weniger als 2008. 2009 scheiterten zehn von 1000 Ehen. Über die Jahre hinweg geht jede dritte Ehe in die Brüche.
Hinter den nüchternen Zahlen vollzieht sich ein gesellschaftlicher Wandel: «Das klassische Rollenverhältnis von Mann und Frau existiert kaum
noch», erklärt die Paartherapeutin Ute Reinartz-Bellingröhr. Und das hat Auswirkungen auf die Scheidungsrate. Wer unzufrieden ist, löst die Ehe heute schneller. Die Gründe seien
dieselben wie vor Jahrzehnten: Gewalt, Alkohol, Geldschwierigkeiten. Doch der Mann dominiert die Entscheidungen nicht mehr. Finanzielle Abhängigkeiten zwingen den Partner seltener zum
«Durchhalten».
Frauen sind heute finanziell unabhängiger, stehen selbst im Berufsleben. «Heute ist es auch kein gesellschaftliches Stigma mehr, als Alleinerziehende zu leben. Das wird akzeptiert, genauso wie
Patchwork-Familien», sagt die psychologische Beraterin. All das senke die Hemmschwelle, direkt eine Scheidung anzugehen, anstatt schwierige Zeiten gemeinsam durchzustehen. Sie erlebt auch bei ihren
Sprechstunden in Aachen, dass der erste Schritt zur Scheidung inzwischen viel häufiger vom weiblichen Geschlecht ausgeht. «Hingegen sind es die Männer, die nach meiner Erfahrung öfter den ersten
Schritt zur Paartherapie machen», stellt Reinartz-Bellingröhr klar.
Die Stadt Aachen gilt übrigens nur bei oberflächlicher Betrachtung als Trennungshochburg. 1075 Paare traten 2009 (2008: 1113) vor den Scheidungsrichter. Hinzu kommen 380 Trennungen im ehemaligen
Kreisgebiet (2008: 412). So summieren sich die Scheidungen in der Städteregion Aachen auf 1455 - 70 Fälle weniger als im Vorjahr. Damit verzeichnet der Westzipfel knapp fünf Prozent weniger
Scheidungen. Heinsberg zählt sogar knapp sieben Prozent weniger Ehelösungen. Die Zahl sank von 745 auf 694. Der Kreis Düren sattelt hingegen über acht Prozent drauf. Die Zahl der Scheidungen stieg
von 746 auf 808.
Tatsache ist also, dass die Scheidungsstatistik auf hohem Niveau stagniert. Der Scheidungsboom wurde - auch mit der Emanzipation der Frauen - bereits vor Jahren angebahnt. Wofür die Paartherapeutin
eine einleuchtende Erklärung hat: «Frauen sind einfach entscheidungsfreudiger als Männer.» Und haben somit in Sachen Scheidung mehr als gleichberechtigt aufgeholt.
Im Jahr 2013 sind in Deutschland rund 170.000 Ehen geschieden worden. Das waren 5,2 Prozent weniger als 2012. Fast die Hälfte der Paare hatte gemeinsame minderjährige Kinder. Betroffen waren rund 136.000 Mädchen und Jungen, ebenfalls knapp fünf Prozent weniger als 2012.
Die Ehen in Deutschland halten durchschnittlich auch länger als früher. 14 Jahre und 8 Monate waren die Paare im Schnitt verheiratet, die 2013 vor den Scheidungsrichter traten. 20 Jahre zuvor hatte
die durchschnittliche Dauer einer geschiedenen Ehe nur 11 Jahre und 7 Monate betragen. Sowohl die Männer (knapp 46 Jahre) als auch die Frauen (fast 43 Jahren) waren bei ihrer Scheidung 2013 im
Durchschnitt nahezu sieben Jahre älter als 20 Jahre zuvor.
Noch immer wird gut jede dritte Ehe (36 Prozent) geschieden. Mehr als jeder zweite Scheidungsantrag wurde von Frauen gestellt.
Die Zahl der Scheidungen nach der Silberhochzeit (26 und mehr Jahre verheiratet) hat sich in den vergangenen 20 Jahren von 14.300 auf 24.300 nahezu verdoppelt. Den
Prognosen der Statistiker zufolge dürften im Laufe der kommenden 25 Jahre 36 Prozent aller 2013 geschlossenen Ehen wieder geschieden werden.
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt
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