Der BGH hat in einer Entscheidung aus Juli 2010 eine nachvollziehbare Berechnung durchgeführt und am 5.2.2014 bestätigt. Damit ergibt sich ein "Elternunterhaltsrechner", wenn man diese Kriterien auf den eigenen Fall anwendet.
1. Die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt in der Regel wie folgt zu ermitteln: Von dem Familieneinkommen wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht. Das verbleibende Einkommen wird um die Haushaltsersparnis vermindert. Die Hälfte des sich ergebenden Betrages kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zugute. Zu dem so bemessenen individuellen Familienbedarf hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am Familienunterhalt einsetzen.
2. Die Haushaltsersparnis, die bezogen auf das den Familienselbstbehalt übersteigende Familieneinkommen eintritt, ist regelmäßig mit 10 % dieses
Mehreinkommens zu bemessen.
3. Aufwendungen für eine Hausrats- und Haftpflichtversicherung sind auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht als vorweg abziehbare Verbindlichkeiten zu behandeln.
4. Ist der Unterhaltspflichtige vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten, können Aufwendungen für eine zusätzliche
Altersversorgung weiterhin abzugsfähig sein.
5. In Höhe des dem Unterhaltsberechtigten sozialrechtlich gewährten angemessenen Barbetrags (§ 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) sowie des Zusatzbarbetrags (§ 133 a SGB XII) ist auch unterhaltsrechtlich ein Bedarf anzuerkennen.
BGH, Urteil vom 28. Juli 2010 - XII ZR 140/07 - OLG Düsseldorf
AG Düsseldorf
Ich bin oft erstaunt, wie viele Missverständnisse bei juristischen Laien durch die Informationen dieser Website, aus Büchern, Foren und aus anderen Quellen entstehen können, mit denen ich nie gerechnet hätte.
Viele meiner Mandanten haben sich schon "schlau gemacht", belesen, selbst gerechnet, wenn sie zu mir kommen.
Und die Ergebnisse sind fast immer falsch, abenteuerlich falsch, weil es für den Laien offenbar doch unüberschaubar kompliziert ist, die allgemeinen Informationen für den eigenen Fall richtig auszuwerten. Außerdem gibt es im Internet viele Quellen, die inzwischen unrichtige Informationen enthalten, weil die Rechtsprechung längst eine neue Entwicklung genommen hat, aber die Website nicht gepflegt und aktualisiert wurde.
Unterhaltsrecht hat eben nur sekundär etwas mit Mathematik zu tun, und der Anwender einer excel-Tabelle trifft seine Fehlentscheidungen beim Eintragen seiner Zahlen - da kann ja die excel-Tabelle nichts dafür!
Diese Warnung vorab, wenn Sie selbst rechnen.
Der BGH-Fall aus Juli 2010 betraf die Konstellation, dass das unterhaltspflichtige Kind in der Ehe der Mehrverdiener ist.
Am 5.2.2014 hat der BGH entschieden: auch im ungekehrten Fall ist diese Rechenmethode korrekt. In der Entscheidung vom 5.2.2014 findet sich folgender Rechenweg:
Einkommen Antragsgegnerin |
1657,66 € |
Einkommen Ehegatte |
3993,99 € |
Familieneinkommen |
5651,65 € |
abzgl. damaliger Familienselbstbehalt |
2700,00 € |
verbleiben |
2951,65 € |
abzgl. 10 % Haushaltsersparnis |
295,17 € |
Zwischensumme |
2656,49 € |
davon verbleiben zusätzlich ½ |
1328,24 € |
zzgl. Familienselbstbehalt |
2700,00 € |
indiv. Familienbedarf |
4028,24 € |
Anteil Antragsgegnerin |
1181,50 € |
Einkommen Antragsgegnerin |
1657,66 € |
abzgl. Anteil der Antragsgegnerin am Familienselbstbehalt |
1181,50 € |
für Elternunterhalt einsetzbar |
476,15 € |
Beachten Sie, wenn Sie selbst rechnen wollen, die erhöhten Selbstbehalte!
In der vorsorgenden Beratung können Sie Ihre Zahlungspflicht noch beeinflussen.
Kommen Sie zu spät in die Beratung, geht es nur noch um Rechenfehler des Sozialamtes oder um bessere Argumente - also um Schadenbegrenzung. Oft sehe ich sehr enttäuschte Gesichter, wenn ich dann anklingen lassen, welche rechtzeitigen - völlig legalen - Handlungen die Unterhaltspflicht bis auf Null reduziert hätten.
Am besten kommen Sie schon bevor die Heimaufnahme überhaupt droht.
Jedenfalls bevor Sie vom Sozialamt Post bekommen haben (Zustellung in gelbem Umschlag = Rechtswahrungsanzeige). Der Zugang der Rechtswahrungsanzeige beschneidet nämlich die Freiheit Ihrer Entscheidungen.
Der BGH hatte am 12.12.2012 Gelegenheit, zu der Konstellation Stellung zu nehmen, in der das unterhaltspflichtige Kind als Hausfrau kein Einkommen hat, aber mietfrei im eigenen Haus wohnt - zusammen mit einem Ehemann, der gutes Geld verdient.
Dabei geht es um den Taschengeldanspruch und auch um den sogenannten
Wohnvorteil. Auch im Beschluss vom 5.2.2014 wurde dies bekräftigt.
„Einkommenslose verheiratete Hausfrau“
Wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte über kein eigenes Einkommen verfügt, hat er nach der Rechtsprechung des Senats sein Taschengeld für den Elternunterhalt einzusetzen, wobei ihm allerdings ein Betrag in Höhe von 5 bis 7 % des Familienselbstbehalts sowie in Höhe der Hälfte des darüber hinausgehenden Taschengeldes verbleiben muss. Bei einem unterhalb von 5 bis 7 % des Familieneinkommens liegenden Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist auch das Taschengeld einzusetzen und demgemäß der insoweit bestehende Selbstbehalt zu beachten.
Eigenheim: Abzug der Tilgung nicht nur als Altersvorsorge
Der BGH hatte Gelegenheit zu entscheiden, in welchem Umfang Darlehensraten auf einen Eigenheimkredit abziehbar sind. Zinsen sind immer abziehbar, aber bei der Tilgung wurde bisher oft eine Kappung auf die bekannte 5%-Grenze vorgenommen (Tilgung = Vermögensbildung). Nicht unbedingt, sagt der BGH.
Der Fall: Wohnvorteil 700 €, Rate an die Bank (Zins und Tilgung) 1000 €.
Das ergäbe zwar tatsächlich einen „negativen Wohnwert“ von 300 €, den wollte das Sozialamt aber nicht anerkennen, ebenso nicht das OLG Hamm (Beschluss v. 9.7.2015 – II-134 UF 70/15).
5% des Bruttoeinkommens waren nämlich nur 242 €. Einen Teil der Tilgung und sämtliche sonstige private Altersvorsorge hätte der unterhaltspflichtige Sohn also nach Meinung des OLG nicht abziehen dürfen.
Anders der BGH, der ja bereits früher klargestellt hatte, die selbst bewohnte Immobilie sei kein Altersvorsorgevermögen (BGH v. 7.8.2013 – XII ZB 269/12, FamRZ 2013, 1554), weil die im Elternunterhalt geltende Lebensstandardgarantie (BGH v. 23.10.2002 – XII ZR 266/99, FamRZ 2002, 1698, siehe auch FamRZ 2003, 1179, 1181 f.) ausschließt, dass das abbezahlte Haus nach Abschluss der Erwerbsphase verkauft werden muss, um für Elternunterhalt leistungsfähig zu sein. Die Logik fordert dann aber, auch die Tilgungsleistungen zum Erwerb eines Eigenheims nicht der Altersvorsorge zuzurechnen. Dieser Logik ist der BGH nun treu geblieben
Würde die Abzugsfähigkeit von Tilgungsleistungen verneint, könnte sich der Unterhaltsverpflichtete gezwungen sehen, das Familienheim zu verwerten, weil er nicht gleichzeitig Elternunterhalt und Tilgungsleistungen aufbringen kann.
Eine Vermögensbildung „zu Lasten“ des Unterhaltsberechtigten liegt nicht vor, wenn den Tilgungsanteilen noch ein einkommenserhöhender Wohnvorteil beim Unterhaltspflichtigen gegenübersteht. Denn ohne die Zins- und Tilgungsleistung gäbe es den Wohnvorteil in Form einer ersparten Miete nicht.
Daraus folgt, dass Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnwerts anzurechnen sind, ohne dass dies die Befugnis des Pflichtigen zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens schmälert. Nur der den Wohnvorteil übersteigende Tilgungsanteil ist Vermögensbildung im Rahmen der sekundären Altersvorsorge – und läuft ggf. in die Kappung.
Der BGH hat noch einmal bekräftigt, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Verwandtenunterhalt nach § 1603 Abs. 1 BGB dort ihre Grenze findet, wo der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt des Berechtigten zu gewähren. Dem Unterhaltspflichtigen sollen grundsätzlich die Mittel verbleiben, die er zur angemessenen Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt. Die Höhe der als abzugsfähig anzuerkennenden Kosten zu bestimmen, ist dabei in erster Linie dem Tatrichter vorbehalten.
BGH, Beschluss v. 18.01.2017 - XII ZB 118/16
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Aktualisiert zuletzt am 13.3.2018
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