Für eine außergerichtliche Beratung und Schriftverkehr können Mandanten, die wenig Einkommen und kein Vermögen haben, vom Amtsgericht ihres Wohnsitzes einen "Beratungshilfeschein" erhalten.
Die Mandanten selbst zahlen dem Anwalt 15 Euro, der Anwalt erhält je nach Tätigkeiten zwischen 30 Euro und 200 Euro zzgl. Mehrwertsteuer aus der Staatskasse. Das ist in der Regel nur ein Bruchteil der Vergütung, die ein Selbstzahler tragen würde. Anwälten wird damit als Organ der Rechtspflege eine weitgehend ehrenamtliche Tätigkeit ("pro bono") für Bedürftige abverlangt.
Der Beratungshilfeschein sollte vor dem Besuch beim Anwalt geholt werden, weil sonst der Mandant das Risiko trägt, den Anwalt doch selbst bezahlen zu müssen.
Das ist nicht nur dann der Fall, wenn das Gericht errechnet, dass der Mandant nicht arm genug ist - sondern auch, wenn das Gericht für diese Rechtsfrage einen Anwalt für überflüssigen Luxus hält.
Das gilt vor allem bei Sorgerechts- und Umgangsfragen und beim Kindesunterhalt, weil da das Jugendamt auch kostenlose Hilfen anbietet.
Beratungshilfesachen sind für Anwälte in der Regel Zuschußgeschäfte; sie sind zu dieser sozialen Dienstleistung verpflichtet.
Ihre private Zuzahlung je Beratungsgegenstand beträgt nach Nr. 2500 VV RVG 15 €. Diese bringen Sie bitte bar zur Beratung mit.
Fragen Sie bei dem Amtsgericht Ihres Wohnortes nach der Rechtsantragsstelle für Familiensachen und nehmen Nachweise über Ihre finanziellen Verhältnisse mit (Gehaltsmitteilung, Mietvertrag, Kontoauszüge, Schuldennachweise etc.). Sie können das Formular auch schon über diese Webseite ausdrucken und zuhause in Ruhe ausfüllen.
Lassen Sie sich nicht "abwimmeln": wenn man Ihnen den Beratungshilfeschein nicht bewilligen will, bestehen Sie auf einer schriftlichen Ablehnung ihres Antrages! Nur dann kann ich Sie ggf. unterstützen, den Berechtigungsschein doch noch zu bekommen.
In Familiensachen ist besonders wichtig, dass der Beratungshilfeschein alle Gegenstände aufzählt, über die Sie Beratung wünschen, sonst gibt es abschließend Schwierigkeiten bei der Abrechnung, s.u.. z.B.: "Trennung, Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Hausrat, Wohnungszuweisung, Mietverhältnis, Gewaltschutz, Sorgerecht, Umgangsrecht" usw.
Die Aufhebung der Bewilligung kommt später in Betracht, wenn der Rechtsuchende auf Grund der Beratung oder Vertretung, für die ihm Beratungshilfe bewilligt wurde, etwas erlangt hat.
Wird also Unterhalt ausreichend gezahlt oder kommt es zum Zugewinnausgleich, stellt der Anwalt nachträglich eine Selbstzahler-Rechnung.
Bitte lesen Sie dazu unbedingt meine "Wichtigen Hinweise".
Das Antragsformular auf Beratungshilfe und weitere Informationen finden Sie hier:
Mit Wirkung zum 01.01.2018 sind die PKH- und VKH-Freibeträge erhöht worden (BGBl. 2017, 4012):
Einkommensfreibetrag für Rechtsuchende
2017: 473 € 2018: 481 €
Zusätzlicher Freibetrag für Erwerbstätige
2017: 215 € 2018: 219 €
Unterhaltsfreibetrag für Ehegatte/Ehegattin oder eingetragene/n Lebenspartnerin/Lebenspartner
2017: 473 € 2018: 481 €
Unterhaltsfreibetrag für Erwachsene im Haushalt – z.B. erwachsene Kinder
2017: 377 € 2018: 383 €
Unterhaltsfreibetrag für Jugendliche im Haushalt (14 bis 17 Jahre)
2017: 359 € 2018: 364 €
Unterhaltsfreibetrag für Kinder im Haushalt (6 bis 13 Jahre)
2017: 333 € 2018: 339 €
Unterhaltsfreibetrag für Kleinkinder im Haushalt (bis 5 Jahre)
2017: 275 € 2018: 275 € (unverändert)
Praxisrelevanz der neuen Einkommensgrenzen
1. Maßgeblich sind die Freibeträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe Gültigkeit haben (§ 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO), also auch bei Antragstellung noch in 2017.
2. Einen Anspruch auf Beratungshilfe haben diejenigen Ratsuchenden, denen Prozesskostenhilfe ohne Eigenanteil zu bewilligen wäre. Ergibt die Einkommensberechnung ein „einzusetzendes Einkommen“ von 20 Euro oder mehr, scheidet Beratungshilfe aus („Alles-oder-Nichts-Prinzip“).
3. Errechnet sich nach Abzug der Freibeträge, der Kosten der Unterkunft und der besonderen
Belastungen ein „einzusetzendes Einkommen“, so ist daraus die Höhe der künftigen
PKH-Monatsraten (maximal 48) abzuleiten. Die restlichen Prozesskosten werden endgültig erlassen.
In allen PKH-Fällen ab 2014 ist die Hälfte des „einzusetzenden Einkommens“ als
PKH-Rate festzulegen. Ab 600 EUR ist der überschießende Betrag zu 100% abzuführen.
Anpassungsmöglichkeit für Ratenzahler nach § 120a Abs. 1 Sätze 1 und 2 ZPO:
„Das Gericht soll die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Eine Änderung der nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchstabe b und Nr. 2 maßgebenden Beträge ist nur auf Antrag und nur dann zu berücksichtigen, wenn sie dazu führt, dass keine Monatsrate zu zahlen ist.“
Bei unveränderten Einkommens- und Lebensverhältnissen ist ein Anpassungsantrag demnach nur aussichtsreich, wenn sich aufgrund der neuen Freibeträge eine Reduzierung der PKH-Monatsrate „auf Null“ ergibt. Haben sich – zusätzlich – auch die maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse geändert (z.B. weitere Unterhaltspflicht; höhere Mietbelastung; notwendige Kreditrate; Zahnersatz-/Kurkosten als besondere Belastungen), ist ein Anpassungsantrag zielführend, wenn sich laut der einschlägigen PKH-Tabelle ein geringerer Ratenbetrag ergibt. Die Entscheidung über eine niedrigere Ratenzahlung an die Staatskasse ist sogar rückwirkend auf den Zeitpunkt der Verschlechterung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse vorzunehmen (so Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 120a Rz. 25, 26).
Vor 2009 war es im Bezirk der hiesigen Amtsgerichte üblich, dass auf einen einzelnen Berechtigungsschein dem Anwalt auch nur eine Gebühr zustand. Dabei war es dem Gericht gleichgültig, ob der Anwalt viele, viele Stunden damit verbracht hatte, seinen Mandanten über alle denkbaren Rechtsfolgen der Trennung aufzuklären - bis hin zu Themen außerhalb des Familienrechts (Schadenfreiheitsrabatt beim Kfz, mietrechtliche Fragen, Schuldenhaftung etc.). 2009 habe ich es endlich - zur Freude vieler familienrechtlicher Kollegen - geschafft, eine obergerichtliche Entscheidung zu erstreiten. Die Vergütung aus der Staatskasse ist zwar immer noch nicht in jedem Fall kostendeckend, aber immerhin ist nun grundsätzlich geklärt, dass sich ein Mandat in der Trennungszeit typischerweise aus vielen verschiedenen Einzelthemen zusammensetzt, die einzeln abrechenbar sind - wenn der Berechtigungsschein sie aufzählt.
Die Rechtsfrage „derselben Anlegenheit“ in Familiensachen ist vom OLG Köln, 16 Wx 252/08, im von mir erfochtenen Beschluss vom 9.2.2009 zu meiner Zufriedenheit beantwortet worden.
OLG Köln, 16 Wx 252/08, Beschluss vom 9.2.2009:
"Wie die im Berechtigungsschein bezeichnete Angelegenheit nachträglich im Einzelnen gebührenrechtlich zu bewerten ist, darf nicht der Rechtspfleger im Bewilligungsverfahren entscheiden. Die Beurteilung ist allein dem anschließenden Vergütungsfestsetzungsverfahren vorbehalten. Entscheidend für das Vorliegen einer Angelegenheit im Beratungshilfeverfahren ist allein, ob ein gleichzeitiger Auftrag, ein gleicher Rahmen und ein innerer Zusammenhang gegeben sind. Insgesamt müssen ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang der Bearbeitung bestehen. Weder bei außergerichtlichen Trennungs- noch bei Scheidungsfolgesachen genügt es, dass die verschiedenen Folgen ihren gemeinsamen Grund in der Trennung bzw. der Scheidung der Eheleute haben."
Weder bei außergerichtlichen Trennungs- noch bei Scheidungsfolgesachen führt die Tatsache, dass die verschiedenen Folgen ihren gemeinsamen Grund in der Trennung der Eheleute haben und die Erstberatung des Mandanten nach Trennung zu gleichzeitigem Handlungsbedarf führt, dazu, dass die rechtlich verschiedenen Angelegenheiten gebührenrechtlich miteinander zu ein und derselben verschmelzen.
Das OLG Düsseldorf hat diese Auffassung im Beschluss vom 16.10.2012 – 3 Wx 189/12 – konkretisiert.
Nun hat sich auch das OLG Hamm angeschlossen:
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 8.4.2016, 25 W 295/15:
Ausgehend von den im Rahmen der Gewährung der Beratung zu berücksichtigenden jeweiligen Lebenssachverhalten, deren Abgrenzbarkeit untereinander und den jeweils angesprochenen Tätigkeitsfeldern des Anwalts wird dürfte es im Regelfall angemessen sein, zwischen folgenden, bis zu sechs verschiedenen beratungshilferechtlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Beendigung der Ehe zu unterscheiden (OLG Naumburg, aaO):
Die Differenzierung der familienrechtlichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Beendigung der Ehe in Ehesachen, Kindschaftssachen und Unterhaltssachen entspricht inzwischen der zumindest überwiegenden Ansicht in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 09.02.2009, Wx 252/08, FamRZ 2009,1345; OLG Rostock, Beschluss v. 25.11.2010, 10 WF 124/10; OLG Nürnberg, Beschluss v. 29.03.2011, 11 WF 1590/10, MDR 2011, 759; OLG Celle, Beschluss v. 14.07.2011, 2 W 141/11, NJW 2011, 3109; OLG Stuttgart, Beschluss v. 17.10. 2012, 8 W 379/11, RPfl 2013, 101).
Soweit zum Teil (OLG Köln aaO; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.10.2012, 3 Wx 189/12, juris) weiter zwischen Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt differenziert wird, ist diese Unterscheidung bei der grundsätzlich gebotenen typisierenden Betrachtung nicht erforderlich. Denn die Beratung in beiden Arten von Unterhaltssachen bezieht sich hinsichtlich des Bedarfs der Unterhaltsberechtigten und der Leistungsfähigkeit einschließlich Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsverpflichteten regelmäßig auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt; in den hier häufig vorkommenden Fällen der nicht ausreichenden Leistungsfähigkeit sind beide Gegenstände zusätzlich miteinander verbunden (ebenso OLG Naumburg, aaO, m.w.Nachw..; OLG Koblenz, Beschluss v. 23.11.2011, 4 W 554/11, JurBüro 2012, 419).
Ebenso entspricht es inzwischen der vorherrschenden Rechtsprechung, die Ehewohnungs- und Hausratssachen als eigenständige Angelegenheit im Rahmen der Auseinandersetzungen bei Beendigung der Ehe anzusehen (vgl. OLG Naumburg aaO, m.w.Nachw.).
In der obergerichtlichen Rechtsprechung werden die weiteren finanziellen Auswirkungen der Beendigung der Ehe uneinheitlich behandelt; wohl überwiegend werden Unterhaltsansprüche, Güterrecht, Versorgungsausgleich u.ä. als eine Angelegenheit angesehen (so OLG Nürnberg aaO; OLG Celle aaO; OLG Stuttgart, aaO; OLG Schleswig, Beschluss vom 25.04.2013, 9 W 41/13, juris; OLG München, Beschluss vom 26.02.2015, 11 WF 1738/14; juris), teilweise erfolgt allerdings eine weitergehende Differenzierung (vgl. OLG Düsseldorf, a. a. O.).
Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 04.03.2014, 25 W 305/13, nicht veröffentlicht) ist es jedenfalls als sachgerecht anzusehen, zum einen die Beratung in Unterhaltssachen als eine eigenständige anwaltliche Tätigkeit mit spezifischen tatsächlichen Grundlagen und u.U. auch spezifischen Haftungsrisiken zu bewerten. In gleicher Weise gilt dies zum anderen auch die Beratungen betreffend den Versorgungsausgleich, die sich hinsichtlich der Zielrichtung der erforderlichen Sachaufklärung und der erforderlichen rechtlichen Beurteilungen deutlich von den allgemeinen Vermögensauseinandersetzungen zwischen Geschiedenen, insbesondere im Rahmen des Güterrechts abheben, was im Regelfall eine Bewertung als eigenständige Angelegenheit rechtfertigt. Dies mag nur bei besonders einfach gelagerten Fällen anders zu bewerten sein.
Meine Argumentation, mit der ich das 2009er-Verfahren in Köln gewonnen hatte:
Eine Angelegenheit kann bei mehreren Gegenständen nur dann angenommen werden, wenn ein gleichzeitiger Auftrag, ein gleicher Rahmen und ein innerer Zusammenhang gegeben ist.
Ein solcher Zusammenhang kann nicht einmal dann angenommen werden, wenn verschiedene Trennungsfolgen Gegenstand des Beratungshilfeauftrags sind, wenn deren Geltendmachung in einem gerichtlichen Verfahren als einheitliche Angelegenheit anzusehen wäre, betrifft also die Scheidung und die Scheidungsfolgesachen nach § 137 Abs. 2 und 3 FamFG.
Ein Rückgriff auf § 16 Nr. 4 RVG, wonach „eine Scheidungssache oder ein Verfahren über die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft und die Folgesachen dieselbe Angelegenheit sind“, ist bei der Beratungshilfe nicht möglich.
Bei Erteilung des Beratungshilfeauftrags steht nämlich nicht fest, ob und inwieweit die Beratung in die Tat umgesetzt und ein Scheidungs- oder sonstiges Verfahren überhaupt durchgeführt bzw. eingeleitet werden wird, so dass Regelungen für die Zeit nach Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens nicht ohne weiteres auf Tätigkeiten übertragen werden können, die vor solcher Einleitung entfaltet werden.
Schon daher erscheint die Annahme eines inneren Zusammenhangs zweifelhaft mit der Folge, dass eine einheitliche Beauftragung insoweit nicht angenommen werden kann. Im Übrigen ist die Interessenlage in beiden Verfahrensstadien nicht vergleichbar. Da für die Zusammenfassung von Ehe- und Folgesachen zu einer Angelegenheit im Sinne von § 16 Nr. 4 RVG ein Ausgleich der damit verbundenen Mehrarbeit des Anwalts darin besteht, dass die Gegenstandswerte der verschiedenen Gegenstände für den Gebührenstreitwert zu addieren sind (§§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 3 RVG; 33 FamGKG), würde eine Anwendung des § 16 Nr. 4 im Beratungshilfeverfahren – in welchem nach der gesetzlichen Regelung für jeden Beratungsgegenstand (geringe) Festgebühren anfallen – dazu führen, dass der Anwalt in der Ehesache und sämtlichen Folgesachen für dieselbe Vergütung tätig zu sein hätte, die er schon allein für die Ehesache oder eine einzige Folgesache erhielte.
Kommt aber hinsichtlich der im Beratungshilfeverfahren angefallenen Tätigkeiten eine entsprechende Anwendung des § 16 Nr. 4 RVG nicht in Betracht, kann – gerade angesichts der Festgebührenregelung der VV 2501 ff. zum RVG - ohne weitere Anhaltspunkte auch kein innerer Zusammenhang der zu regelnden Gegenstände (Trennung, Scheidung und die Folgesachen) angenommen werden. Auszugehen ist vielmehr von gebührenrechtlich verschiedenen Angelegenheiten (hier verweist das OLG Düsseldorf auf die o.g. Entscheidung des OLG Köln).
Noch viel mehr gilt dies bei Themen, die nicht einmal verbundfähig sind, wie z.B. der Trennungsunterhalt und die Vermögensauseinandersetzung (Zugewinnausgleich).
Ein solches Gesamtpaket mündet in der Regel in einen einheitlichen Notarvertrag. Auch dadurch wird es nicht zu einer einzigen gebührenrechtlichen Angelegenheit, wie OLG Köln, 16 Wx 252/08 bereits entschieden hat - vorgehend AG Monschau hatte dies anders gesehen.
Es kann daher im Fall der Einigung auch für jede einzelne Angelegenheit die Einigungsgebühr anfallen.
Ist jedoch zum Zeitpunkt der Einigung bereits ein Scheidungsverfahren mit VKH-Bewilligung anhängig, besteht die Lösung in der Erstreckung der Beiordnung nach § 48 Abs. 3 RVG.
Dieser Gebührenanreiz für Rechtsanwälte ist auch rechtspolitisch wünschenswert, denn nur auf diese Weise werden den Gerichten zahllose streitige Scheidungsfolgeverfahren mit VKH-Bewilligung erspart.
Die positive Folge für den Mandanten: Auch der Beratungshilfe-Mandant kann in Richtung "Scheidungsfolgevertrag beim Notar" beraten werden, ohne dass der Anwalt tüchtig draufzahlt. Denn nur weil man derzeit ein Beratungshilfefall ist, ist das nicht gleichbedeutend damit, dass nichts zu verteilen ist, keine Konfklikte da sind, über die man sich einigen könnte.
Leider muss man sich als Anwalt doch immer wieder neu mit den Rechtspflegern über einen Lohn streiten, der oft nicht einmal kostendeckend ist - und vergeudet Energie.
BVerfG zur Ablehnung eines Berechtigungsscheines für Beratungshilfe
Wird einem Antrag auf anwaltliche Beratung nach dem Beratungshilfegesetz nicht in vollem Umfang entsprochen, muss hierüber grundsätzlich förmlich entschieden werden. Es genügt nicht, wenn das Amtsgericht den Beratungshilfeantrag nach Erteilung mündlicher Hinweise durch den Rechtspfleger als erledigt erachtet.
Der Fall:
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung war abgelehnt worden. Hiergegen wollte sie - mit anwaltlicher Hilfe - Widerspruch einlegen. Sie begab sich zum Amtsgericht, um einen Berechtigungsschein für eine anwaltliche Beratung nach dem Beratungshilfegesetz zu beantragen.
Der Rechtspfleger beim Amtsgericht wies die Beschwerdeführerin mündlich darauf hin, dass sie Widerspruch bei der Rentenversicherung einlegen oder sich an die Auskunfts- und Beratungsstelle der Rentenversicherung wenden könne. Er stellte weder einen Berechtigungsschein aus noch beschied er den Antrag förmlich.
Die Beschwerdeführerin legte hiergegen "Erinnerung, hilfsweise Beschwerde" beim Amtsgericht ein, mit der sie konkret darlegte, aus welchen Gründen sie Widerspruch erheben wolle und aufgrund welcher Erkrankungen sie nicht in der Lage sei, das Widerspruchsverfahren ohne anwaltlichen Beistand zu betreiben.
Die Richterin beim Amtsgericht wies die Erinnerung mit Beschluss zurück. Die Beratungshilfe sei nicht abgelehnt, sondern durch die Hinweise des Rechtspflegers gewährt worden. Die Sache sei damit erledigt. Die Bescheidung einer Ablehnung komme daher nicht in Betracht.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Az. 1 BvR 1849/11)
Der Beschluss des Amtsgerichts verstößt gegen das Gebot der Rechtsschutzgleichheit, so das Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvR 1849/11). Das Amtsgericht hätte den beantragten Berechtigungsschein erteilen müssen.
Das Amtsgericht durfte nicht davon ausgehen, dass sich das Beratungshilfebegehren aufgrund der Hinweise des Rechtspflegers erledigt hat, da die Beschwerdeführerin ausdrücklich einen Beratungshilfeschein für die Konsultation eines Rechtsanwalts beantragt hatte.
Zudem wird der Verweis auf Selbsthilfe dem Anspruch der Beschwerdeführerin auf Rechtsschutzgleichheit nicht gerecht. Aufgrund des mit der Erinnerung von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Sachverhalts war hinreichend deutlich, dass das von ihr beabsichtigte Widerspruchsverfahren tatsächliche und rechtliche Fragen aufwirft, für deren Klärung auch ein kostenbewusster solventer Rechtsuchender einen Rechtsanwalt in Anspruch nähme anstatt selbst Widerspruch zu erheben.
Auch soweit das Amtsgericht es für zumutbar erachtet hat, die Beratungsstelle des Rentenversicherungsträgers in Anspruch zu nehmen, wird die Rechtsschutzgleichheit der Beschwerdeführerin verletzt. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, wird der Begriff der Zumutbarkeit von den Fachgerichten überdehnt, wenn ein Rechtsuchender für das Widerspruchsverfahren zur Beratung an dieselbe Behörde verwiesen wird, gegen die er sich mit dem Widerspruch richtet.
Da sich der Beratungshilfeantrag nicht durch die Erteilung der Hinweise erledigt hat, hätte der Rechtspfleger über ihn entscheiden müssen. Die hiervon abweichende Vorgehensweise des Rechtspflegers erschwert ohne erkennbaren Sachgrund den Zugang der Beschwerdeführerin zu Rechtsberatung für das von ihr beabsichtigte Widerspruchsverfahren. Sie erschwert auch generell die Durchsetzung des Anspruchs auf Beratungshilfe, weil ein vor Bewilligung von Beratungshilfe in der Regel noch nicht anwaltlich vertretener Antragsteller mangels eines mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Beschlusses nicht ohne weiteres weiß, dass und wie er gegen die Versagung der Beratungshilfe vorgehen kann.
In eigener Sache:
Beratungshilfeschein in Familiensachen werden oft abgelehnt mit dem Hinweis auf kostenfreie Beratungsmöglichkeiten beim Jugendamt. Dabei behaupten die Rechtspfleger sogar fälschlich, das Jugendamt rechne auch Trennungsunterhalt oder Betreuungsunterhalt für Mütter aus.
Auch hier hilft nur Hartnäckigkeit: bestehen Sie auf einer schriftlichen Ablehnung!
damit Sie auf meinen Seiten das finden, was Sie brauchen.
Aktualisiert zuletzt am 12.3.2018
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