Nach der Scheidung können bisher privat versicherte Kinder unter Umständen in der gesetzlichen
Krankenversicherung mitversichert werden. Fraglich ist aber, ob dies erzwungen werden kann, wenn der Unterhaltspflichtige dies verlangt, um Kosten zu
sparen.
Nach der Scheidung bleibt die beitragsfreie Mitversicherung der Kinder in der gesetzlichen Krankenkasse bestehen, wenn derjenige Elternteil, bei dem das Kind mitversichert ist, auch weiterhin
Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt und die Beitragsbemessungsgrenze nicht überschreitet.
Der typische Fall:
Die Kinder waren seit ihrer Geburt privat krankenversichert. Sie leben nach der Scheidung bei der Mutter, die gesetzlich krankenversichert ist. Der Vater verlangt, dass die Kinder bei der Mutter
in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei mitversichert werden. Er ist allenfalls bereit, die Kosten einer privaten Zusatzversicherung zu zahlen.
Die Entscheidungen:
OLG Koblenz, Urteil vom 19.1.2010 - 11 UF 620/09
Die Kosten für die private Krankenversicherung sind als angemessener Unterhalt des Kindes anzusehen, wenn das Kind seit seiner Geburt - wie auch seine Eltern während des ehelichen Zusammenlebens -
privat krankenversichert war und der in guten wirtschaftlichen Verhältnissen lebende unterhaltspflichtige Elternteil auch nach der Trennung privat krankenversichert bleibt.
Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich grundsätzlich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (hier: des Kindes). Der angemessene Unterhalt richtet sich nach einer unter Umständen
wechselnden Lebensstellung; gewöhnlich leiten Minderjährige ihren angemessenen Lebensbedarf von den Eltern ab. Ohne das Einverständnis des Unterhaltsberechtigten kann dieser Anspruch auf angemessenen
Unterhalt nicht - auch nicht teilweise - durch eine Zusage des Unterhaltsverpflichteten ersetzt werden, für bestimmte nicht abgedeckte Kosten persönlich aufzukommen.
Da eine private Zusatzversicherung nicht die gleichen Leistungen bietet wie eine private Krankenversicherung, etwa in Bezug auf die freie Arztwahl, kann das Kind nicht auf eine solche
Zusatzversicherung verwiesen werden. Zudem war es im vorliegenden Fall fraglich, ob bei ambulanten oder zahnärztlichen Leistungen bzw. bei Offenlegung der ADS-Erkrankung des Kindes zusätzliche Kosten
entstehen würden.
OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.4.2012 - 3 UF 279/11:
Sowohl das Amtsgericht als auch das OLG gaben der Kindesmutter dem Grunde nach Recht. Wer zum Barunterhalt verpflichtet ist, kann zwar grundsätzlich verlangen, dass das erwerbstätige Elternteil
die gemeinsamen Kinder (unter den Voraussetzungen des § 10 SGB-V) in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Das gilt auch nach der Scheidung der Eltern selbst dann, wenn das Einkommen des
Unterhaltspflichtigen über der Beitragsbemessungsgrenze liegt (§ 10 Abs. 3 SGB-V ist dann nicht mehr anwendbar). Trotzdem mussten die Kinder nicht in die Familienversicherung. Die Richter waren der
Ansicht, dass es im Rahmen des Kinderunterhalts angemessen sei, sie weiterhin privat zu versichern. Die Kinder waren seit ihrer Geburt privat versichert – eine Rückstufung zu den reduzierten
Leistungen der gesetzlichen Versicherung sei unangebracht, zumal der Vater selbst weiterhin privat versichert ist.
Weil die Kinder seit ihrer Geburt privatversichert waren - so wie der Vater nach wie vor -, kann nur dann der Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung verlangt werden, wenn gewährleistet
ist, dass die Kinder in der gesetzlichen Krankenversicherung den identischen Versicherungsschutz haben wie zuvor in der privaten. Dies nachzuweisen, ist hierbei die Pflicht des Vaters - also
desjenigen, der den Beitrag für die private Krankenversicherung nicht mehr zahlen will. Der Nachweis ist aber nicht damit erbracht, wenn einfach eine Kopie der Versicherungsbestimmungen vorgelegt und
behauptet wird, es liege identischer Versicherungsschutz vor. Insbesondere für die Bereiche der therapeutischen und der kieferorthopädischen Behandlung muss dies genau belegt werden. Diesen Nachweis
erbrachte der Vater nicht. Deshalb wurde er zur weiteren Zahlung des Krankenversicherungsbeitrags verpflichtet.
Achtung, diese Entscheidungen betrafen minderjährige Kinder.
Auch für volljährige Kinder bestimmt sich deren Unterhaltsbedarf nach den finanziellen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen, so lange wie der Volljährige noch keine
eigene Lebensstellung erlangt hat. Während der Ausbildung – unabhängig davon ob das Kind zuhause wohnt oder einen eigenen Hausstand hat – gelten daher die o.g. Grundsätze fort, die für minderjährige
Kinder gelten. Volljährige Kinder müssen nicht mit dem pauschalen Tabellenbetrag auskommen, wenn die Eltern in überdurchschnittlich guten finanziellen Verhältnissen leben. Dann hat auch das Kind
Anteil an dem gehobenen Lebensstandard. Bei besonders hohen Einkünften der Eltern des Volljährigen (oberhalb der Einkommensgruppe 10 der Unterhaltstabelle) ist jedoch zu beachten, dass eine Teilhabe
am Luxus nicht Sinn und Zweck eines Unterhaltsanspruchs ist. Deshalb wird bei solchen Eltern der Unterhalt auf ein vernünftiges Maß begrenzt. Eine private KV dürfte hier jedoch als vernünftig
gelten.
Ist das Kind seit der Zeit der Minderjährigkeit nicht bei einem Elternteil gesetzlich krankenversichert, so erhöht sich sein Bedarf also um den anfallenden Beitrag zur
Krankenversicherung. Die weitere Berechnung der Haftungsanteile der Eltern erfolgt wie beim Ehegattenunterhalt durch Vorwegabzug vom bereinigten Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen (siehe
zumeist Nr. 11.1 der Leitlinien).
Erst wenn die eigene Ausbildung abgeschlossen ist, hat das Kind eine eigene Lebensstellung und keinen Anspruch mehr auf Teilhabe an z.B. einer privaten KV. Der
Volljährige erlangt erst dann eine eigene Lebensstellung i.S.d. § 1610 BGB, wenn er sich endgültig aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Eltern gelöst hat.
Achtung bei der Berechnung:
Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil die Kosten der privaten Krankenversicherung zahlt, muss dieser Monatsbeitrag von seinem Einkommen abgezogen werden, bevor die Düsseldorfer Tabelle
angewendet wird. Möglicherweise reduziert sich dadurch der Barunterhalt für das Kind.
Die allein sorgeberechtigte Mutter ist ohne Rücksprache mit dem Vater berechtigt, die bei der gesetzlichen Krankenversicherung des
Vaters mitversicherten unterhaltsberechtigten Kinder in einer privaten Krankenversicherung zu versichern (OLG München, Vergleich, 14.1.02, 26 UF 1456/01,
n.v.).
Der unterhaltsverpflichtete Vater muss die Entscheidung der Mutter zum Wechsel der Krankenversicherung akzeptieren, auch wenn er der Meinung ist, dass die Leistungen
der gesetzlichen Versicherung im Prinzip die gleichen wie die einer privaten Krankenversicherung sind. Die private Krankenversicherung führt nämlich grundsätzlich zu einer besseren ärztlichen
Behandlung der Kinder. Die Mutter kann daher allein entscheiden, den Abschluss einer privaten Krankenversicherung für die Kinder zu initiieren und die Zusatzkosten für die Krankenversicherung vom
Vater zusätzlich zum Barunterhalt zu verlangen. Dies gilt selbst dann, wenn die Kinder beim Vater kostenlos in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert waren.
Allerdings stellt sich die Frage, ob derjenige, der die Musik nicht bestellt hat, sie mitbezahlen muss.
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Aktualisiert zuletzt am
19.11.2018