Haushaltsgegenstände, die im Alleineigentum eines Ehegatten stehen, können im Haushaltsverfahren nicht (mehr) dem anderen Ehegatten zugewiesen werden und unterliegen
dem Zugewinnausgleich.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Zugewinnausgleich. Die Parteien heirateten im Jahr 1963. Die Ehe ist auf den am 18. Oktober 1997 zugestellten Antrag seit 1999 rechtskräftig geschieden
worden.
Die Parteien streiten noch um die Einbeziehung des bei Eheschließung im Alleineigentum der Beklagten stehenden Hausrats ("Aussteuer") in deren Anfangsvermögen. Desweiteren hat die Beklagte geltend
gemacht, dass von ihrem Vater erbrachte Bauleistungen betreffend ein im Miteigentum der damaligen Eheleute stehendes Hausgrundstück als unentgeltliche Zuwendung ihrem Anfangsvermögen zuzurechnen
seien.
Das Amtsgericht hat die Beklagte zu einem Zugewinnausgleich von 30.876,30 € verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte
ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
Das Berufungsgericht hat in seinem in FamRZ 2009, 1326 veröffentlichten Urteil die vom Vater der Beklagten erbrachten Werkleistungen nicht als unentgeltlich angesehen. Die Beklagte habe den Beweis
der Unentgeltlichkeit nicht erbracht. Sie habe eingeräumt, dass der Kläger als Architekt im Gegenzug für die Bauleistungen Planungsleistungen für ihren Vater erbracht habe. Für eine erhebliche
Höherwertigkeit der Bauleistungen ihres Vaters gegenüber den Planungsleistungen des Klägers sei die Beklagte beweisfällig geblieben.
Nach der Auffassung des Berufungsgerichts darf die "Aussteuer" entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht aktiviert werden. Hausratsgegenstände seien vielmehr ohne Rücksicht darauf, ob
sie im Alleineigentum eines Ehegatten stünden, ausschließlich nach der Maßgabe der Hausratsverordnung zwischen den Parteien zu verteilen. Hausratsverteilung und Zugewinnausgleich beträfen sich
gegenseitig ausschließende Regelungsgegenstände. Während der Zugewinnausgleich mit seiner rechnerischen Ermittlung des Zugewinnausgleichsanspruchs aufgrund der Einbeziehung von unselbständigen
Rechnungsposten im Anfangs- und Endvermögen einer Partei einen reinen zahlenmäßigen Geldausgleich schaffe, stelle die Hausratsverordnung eine Verteilungsordnung nach billigem Ermessen des
Familienrichters dar, der die Hausratsgegenstände gerecht und zweckmäßig zu verteilen habe. Die dabei bestehende Gestaltungsmacht des Familiengerichts, den gesamten Hausrat ohne Rücksicht auf die
Eigentumsverhältnisse nach billigem Ermessen gerecht und zweckmäßig zu verteilen, schließe eine Anwendung der Zugewinnausgleichsvorschriften für Hausratsgegenstände generell aus.
Eine gewisse Rücksichtnahme auf das Eigentum an Hausratsgegenständen bilde nur einen von mehreren Gesichtspunkten für die Hausratsverteilung. Die Gegenauffassung habe zur Folge, dass bei der
Regelung der Scheidungsfolgen derselbe Gegenstand doppelt in zwei ganz unterschiedlich ausgestalteten Ausgleichsverfahren berücksichtigt werde. Über den Zugewinn könne erst entschieden werden, wenn
die Hausratsverteilung stattgefunden habe. Diese lasse zudem nicht immer erkennen, ob eine Zuweisung gemäß § 9 Abs. 1 HausratsVO erfolgt sei. Im Ergebnis unterfielen Hausratsgegenstände ohne jede
Ausnahme dem Hausratsverteilungsverfahren. Dabei sei der Begriff des Hausrats allerdings eng zu fassen. Gegenstände, die ausschließlich als Kapitalanlage oder für den Beruf eines Ehegatten dienten
oder nach der Trennung angeschafft worden seien, blieben außer Betracht.
Dementsprechend seien Hausratsgegenstände sowohl im Anfangs- wie im Endvermögen außer Ansatz zu lassen. Würde man hingegen die Aussteuer aktivieren, so wäre auch im Endvermögen der im Alleineigentum
stehende Hausrat zu aktivieren. Dazu hätten die Parteien nichts vorgetragen. Zwar wäre aufgrund der durch Beschluss des Familiengerichts im Jahr 2001 durchgeführten Hausratsverteilung zu ermitteln,
welche Hausratsgegenstände im Alleineigentum der Beklagten gestanden hätten. Ein solches Vorgehen würde aber derrechtskräftigen Hausratsverteilung zuwiderlaufen, die nicht weniger als 371 Positionen
an Hausratsgegenständen erfasst habe, ohne dass hier etwa Gegenstände des Alleineigentums einer Partei ausgenommen worden seien.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die bei Eheschließung im Alleineigentum der Beklagten stehenden Hausratsgegenstände ("Aussteuer") in ihrem Anfangsvermögen zu
berücksichtigen.
Für den Zugewinnausgleich und seine Abgrenzung von den materiellen Vorschriften über die Hausratsverteilung ist das bei Entscheidung in der Revisionsinstanz geltende Recht
anzuwenden.
Durch das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6. Juli 2009 (BGBl. I S. 1696) ist zum 1. September 2009 die Hausratsverordnung aufgehoben und § 1568 b BGB
eingeführt worden. Das neue - materielle - Recht kommt mangels einer entsprechenden Übergangsregelung im vorliegenden Fall zur Anwendung.
Nach der Neuregelung in § 1568 b BGB besteht ein Anspruch auf Überlassung und Übereignung von Haushaltsgegenständen, der sich allein auf die im gemeinsamen Eigentum der Eheleute stehenden
Haushaltsgegenstände richten kann. Die Haushaltsgegenstände im Alleineigentum eines Ehegatten bleiben hingegen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers dem güterrechtlichen Ausgleich vorbehalten
(BT-Drucks. 16/10798 S. 23). Diese Auffassung beruht auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere des Senats, nach welcher im Alleineigentum eines Ehegatten stehende
Hausratsgegenstände grundsätzlich dem Zugewinnausgleich unterliegen. Die Gegenstände sind demnach nicht nur im Endvermögen, sondern notwendigerweise auch im Anfangsvermögen zu berücksichtigen.
Soweit die vorgenannte Rechtsprechung - übereinstimmend mit dem Berufungsgericht - dahin kritisiert worden ist, dass auch im Alleineigentum eines Ehegatten stehende Gegenstände nicht in den
Zugewinnausgleich fielen, sondern von der Hausratsverteilung abschließend erfasst würden, ist insoweit die Abgrenzung zwischen Hausratsverteilung und Zugewinnausgleich jedenfalls nach der neuen
Rechtslage nicht mehr zweifelhaft. Denn danach ist eine Übertragung von im Alleineigentum eines Ehegatten stehenden Gegenständen nicht mehr möglich. Zwar ist auch gemäß § 1568 b BGB entsprechend der
früheren Rechtslage auf Billigkeitskriterien abzustellen, insbesondere darauf, welcher Ehegatte unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der
Ehegatten in stärkerem Maße auf die Nutzung angewiesen ist. Wenn demnach im Einzelfall in die Billigkeitsbetrachtung einfließen kann, dass etwa bei einem Ehegatten bereits Gegenstände vorhanden sind,
die in dessen Alleineigentum stehen, hat dieser Umstand indessen untergeordnete Bedeutung und kann nicht dazu führen, dass die Gegenstände im Zugewinnausgleich außer Ansatz gelassen werden
dürften.
Der Senat hat allerdings zuletzt offen gelassen, ob diese Grundsätze auch uneingeschränkt gelten, wenn die Hausratsverteilung noch nach altem Recht durchgeführt worden ist, wie es im vorliegenden
Fall geschehen ist.
Der Senat hält aber auch insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass Hausratsgegenstände im Alleineigentum eines Ehegatten grundsätzlich dem Zugewinnausgleich
unterfallen.
Die vom Berufungsgericht angeführten Gründe geben zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Denn die Hausratsverteilung nach der HausratsVO enthielt ebenfalls den Grundsatz, dass Gegenstände
im Alleineigentum eines Ehegatten dem Eigentümer verblieben und demnach nicht Gegenstand des Hausratsverteilungsverfahrens wurden. Da es sich bei Hausratsgegenständen - etwa bei Kunstwerken -
durchaus um Gegenstände von beträchtlichem Wert handeln kann, wäre es nicht einzusehen, dass solche Gegenstände weder im Hausratsverteilungsverfahren noch im güterrechtlichen Ausgleich
Berücksichtigung finden sollten. Dass sich - wie das Berufungsgericht meint - das Interesse der Parteien vorwiegend auf den Gegenstand selbst richte und häufig das Affektionsinteresse im Vordergrund
stehe, trifft jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zu. Das Gleiche gilt für das Argument des Berufungsgerichts, dass der Wert des gesamten Hausrats - also auch der im Alleineigentum stehenden
Gegenstände - bei der Hausratsverteilung berücksichtigt würde. Schließlich können auch von der Revisionserwiderung angeführte allgemeine Erwägungen der Praktikabilität hier nicht den Ausschlag geben,
was im Übrigen auch der - oben aufgezeigten - neueren gesetzlichen Entwicklung entspricht.
Der Senat hat allerdings in seiner bisherigen Rechtsprechung auf mögliche Ausnahmen hingewiesen, die im Einzelfall zur Vermeidung von Widersprüchen zwischen beiden Ausgleichssystemen angezeigt sein
können. Vom Grundsatz der Berücksichtigung im Zugewinnausgleich ist etwa abzuweichen, wenn die Ehegatten sich über eine Einbeziehung von Gegenständen in die Hausratsverteilung geeinigt haben.
Entsprechendes muss gelten, wenn der Gegenstand vom Familiengericht im Rahmen der Hausratsverteilung gemäß § 9 Abs. 1 HausratsVO dem anderen Ehegatten zugewiesen worden ist. Dazu genügt es indessen
nicht, dass nach einer im Rahmen eines Hausratsverfahrens ergangenen Entscheidung des Familiengerichts oder einer Einigung der Parteien bestimmte Gegenstände an den Alleineigentümer herausgegeben
werden müssen. Denn derartige Regelungen beruhen - ohne Rücksicht auf ihre verfahrensrechtliche Behandlung - in der Sache auf dem Eigentumsrecht (§ 985 BGB). Sie erfordern keine
Zuweisungsentscheidung des Familiengerichts und widersprechen auch nicht der Berücksichtigung im Zugewinnausgleich.
Etwas anderes kann demnach im vorliegenden Fall nur gelten, wenn nach der HausratsVO einzelne Gegenstände im Alleineigentum des einen Ehegatten dem anderen zugewiesen worden sind und hierfür etwa
eine Entschädigung festgesetzt worden ist oder ein sonstiger Wertausgleich stattgefunden hat. Dass in der zwischen den Parteien ergangenen Hausratsentscheidung Gegenstände im Alleineigentum der
Beklagten dem Kläger oder aber umgekehrt zugewiesen worden sein sollen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Eine Einbeziehung in die Hausratsverteilung in dem Sinne, dass Gegenstände dem
Alleineigentümer vom Besitzer herauszugeben sind, reicht - wie ausgeführt -nicht aus.
Dass schließlich die "Aussteuer" mit einem beträchtlichen Wert von inde- xiert 91.316,61 DM in das Anfangsvermögen eingestellt worden ist, ist eine Frage der tatrichterlichen Feststellung und fällt
ohnehin in die Darlegungs- und Beweislast der Partei, die sich auf vorhandenes Anfangsvermögen beruft. Unbedenklich ist schließlich auch, dass das Berufungsgericht die Entscheidung zur
Hausratsverteilung nicht herangezogen hat, um das Parteivorbringen zum jeweiligen Endvermögen und etwa darin zu aktivierenden Hausratsgegenständen zu ergänzen. Dies entspricht dem
Beibringungsgrundsatz und ist daher nicht zu beanstanden.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben, weil es zu Unrecht den im Alleineigentum der Beklagten vorhandenen Hausrat nicht in deren Anfangsvermögen berücksichtigt hat. Der Senat kann in der Sache nicht
abschließend entscheiden, weil es weiterer Tatsachenfeststellungen bedarf.
Der vom Amtsgericht nach der Zeugenvernehmung geschätzte Wert der "Aussteuer" ist vom Kläger in der Berufungsinstanz angegriffen worden. Das Berufungsgericht hat sich damit - von seinem Standpunkt
aus folgerichtig - nicht befasst, was nachzuholen ist. Außerdem ist nunmehr zu klären, wie weitere Vermögensgegenstände im Endvermögen des Klägers (Architekturbüro, Brosche, Sandsteintrog und
Mühlenstein), die vom Amtsgericht noch nicht berücksichtigt worden sind und bei denen das Berufungsgericht die von der Beklagten behaupteten Werte von seinem Standpunkt aus hat unterstellen können,
zu berücksichtigen und zu bewerten sind.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Die vom Vater der Beklagten an die Parteien erbrachten Werkleistungen hat das Berufungsgericht im Hinblick auf vom Kläger dem Vater der Beklagten erbrachte Architektenleistungen nicht als
unentgeltlich feststellen können. Die Revision stützt sich insoweit auf die Zeugenaussage des Bruders der Beklagten, dass die Werkleistungen der Beklagten geschenkt werden sollten. Dagegen hat das
Berufungsgericht herangezogen, dass auch die Beklagte vorgetragen hat, dass der Kläger Architektenleistungen an den Vater der Beklagten erbrachte. Auch wenn die Beklagte ohne konkrete Angaben zu
einer Absprache vorgetragen hat, (nur) der Anteil des Klägers an den Werkleistungen solle durch Gegenleistungen des Klägers entgolten sein, hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise allein aufgrund der Zeugenaussage eine auch teilweise Unentgeltlichkeit nicht feststellen können.
BGH, Urteil vom 11.05.2011 (XII ZR 33/09)
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Aktualisiert zuletzt am 7.4.2014
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