Der Fall:
Eltern schenken ihrer verheirateten Tochter ein Ferienhaus an der holländischen Küste, behalten sich aber den „Nießbrauch“ vor, das bedeutet: Die Eltern können dort weiter Urlaub machen oder fremdvermieten.
Nun scheitert die Ehe.
In den 15 Jahren zwischen Schenkung und Scheidungsantrag ist das Ferienhaus reich an Wert gestiegen, weil in der Umgebung die Infrastruktur deutlich verbessert wurde und der Ferienort mit seiner neuen Strandpromenade deutlich beliebter geworden ist.
Der Zugewinnausgleich:
Die Schenkung ansich ist „privilegiert“, sozusagen wie Anfangsvermögen der Frau.
Aber der Mann partizipiert mit 50% an der allgemeinen Marktwertsteigerung.
Nun wurde aber zusätzlich vertreten, dass der Mann auch am Abschmelzen des Nießbrauches partizipieren müsste. Der Fachbegriff dazu lautet: „Gleitender Vermögenserwerb“.
Denn der Nießbrauch von 55 Jahre alten Eltern (bei Schenkung) ist ja mehr wert als der Nießbrauch von 70 Jahre alten Eltern (bei Scheidung). Der BGH hat zu dieser Rechtsfrage einen ziemlichen Zickzack-Kurs hingelegt (mit Entscheidungen aus 1990 und 2006) und die Familienrechtler damit über Jahrzehnte verwirrt.
Seit 2015 besteht nun Klarheit:
Bei der Berechnung bleibt der Nießbrauch in der Regel komplett unberücksichtigt. Die Begründung dazu liefert ein Aufsatz von Gutdeutsch, FamRZ 2015, S. 1083, in dem dieser "überzeugend nachgewiesen" habe, dass rechnerisch eine auf einzelne Zeitabschnitte aufgeteilte Bewertung des Nießbrauchs bei korrekter Indexierung zu keinem anderen Ergebnis führe.
Anders sei dies nur dann zu behandeln, wenn der monatliche Wert des Nießbrauches eine Steigerung erfahren habe. Bei solcher Sachlage sei es nicht sachgerecht, den Vermögenszuwachs des Grundstücks zwar einerseits zu beachten, andererseits aber die aus demselben Grund resultierende Wertsteigerung des Nießbrauchsrechts "außen vor" zu lassen. Der Nießbrauch müsse dann sowohl im Anfangs- wie im Endvermögen beachtet werden.
Für den Ausgangsfall – Wertsteigerung, die nichts mit dem Lebensalter der Eltern zu tun hat und höhere Nießbrauchsbewertung durch höher erzielbare Mieteinkünfte - muss also doch wieder kompliziert gerechnet und der Nießbrauch im Anfangs- und Endvermögen ermittelt werden.
Daraus ergibt sich:
BGH, Beschluss v. 6.5.2015, XII ZB 306/14
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